Baugesetzgebung des Kantons Aargau

9.1.1.
Formelle Enteignung (§§ 130 - 137)

§ 130

Geltungsbereich

1 Die Vorschriften dieses Abschnittes gelten für alle Enteignungen im Kantonsgebiet, die nicht nach Bundesrecht durchzuführen sind.

§ 131

Zwecke

1 Das Enteignungsrecht kann geltend gemacht werden, wenn es das öffentliche Wohl erfordert, namentlich für die Erstellung, den Unterhalt und den Betrieb von im öffentlichen Interesse liegenden Werken sowie für Massnahmen des Umwelt- und des Natur- und Heimatschutzes.

§ 132 *

Enteignungstitel

1 Als Enteignungstitel gelten:

a) kantonale Nutzungspläne,

b) kantonale Strassenbauprojekte,

c) Erschliessungs- und Gestaltungspläne,

d) Wasserbauprojekte.

2 In allen anderen Fällen erteilt der Regierungsrat das Enteignungsrecht.

3 Der Enteignungstitel berechtigt zur Enteignung für im öffentlichen Interesse erforderliche Werke und Massnahmen, die darin mit genügender Bestimmtheit festgelegt sind.

4 Die beschlussfassende Behörde ist befugt, den Enteignungstitel an Private zu übertragen.

§ 133

Gegenstand

1 Gegenstand der Enteignung sind das Eigentum und dingliche Rechte an Grundstücken, daraus hervorgehende Nachbar- sowie die Miet- und Pachtrechte der von der Enteignung betroffenen Grundstücke.

2 Die Rechte können dauernd oder vorübergehend entzogen oder beschränkt werden.

§ 134

Ausdehnung

1 Auf Begehren des Enteigneten ist die Enteignung auszudehnen:

a) auf das ganze Recht, wenn die angestrebte flächenmässige oder inhaltliche Teilenteignung die bestimmungsgemässe Verwendung des verbleibenden Teiles verunmöglicht oder unverhältnismässig erschwert;

b) auf unbeschränkte Dauer, wenn das Recht durch die angestrebte vorübergehende Enteignung seinen Hauptwert verliert.

2 Der Ausdehnungsanspruch steht in jedem Fall sowohl dem Enteigneten als auch dem Enteigner zu, wenn die Teilenteignung den Wert des betroffenen Rechtes um mehr als zwei Drittel vermindert.

3 Das Spezialverwaltungsgericht entscheidet über den Anspruch. Wird er bejaht, so setzt es die bei Teil- und Gesamtenteignung zu leistenden Entschädigungen fest und eröffnet sie den Parteien. Der Gesuchsteller hat innert 60 Tagen zu erklären, ob er die Teilenteignung oder die Enteignung des ganzen Rechts bzw. die vorübergehende oder die dauernde Enteignung wählt. *

§ 135

Zueignung

1 Restgrundstücke und für den Enteignungszweck nicht benötigte Teilflächen kann das Spezialverwaltungsgericht den Eigentümern angrenzender Grundstücke gegen angemessene Vergütung zuteilen, sofern dadurch keine übermässige Belastung entsteht und eine selbstständige Verwendung nicht möglich ist. *

2 Unter den gleichen Voraussetzungen kann das Spezialverwaltungsgericht Flächen aufgehobener oder verlegter Strassen und Gewässer den Eigentümern angrenzender Grundstücke zuteilen. *

§ 136

Verzicht

1 Der Enteigner kann innert 60 Tagen seit der rechtskräftigen Festsetzung der Entschädigung dem Enteigneten schriftlich den Verzicht auf die Enteignung erklären, sofern er nicht von einer vorzeitigen Besitzeinweisung Gebrauch gemacht hat. Über Gesuche um Fristerstreckung von höchstens nochmals 60 Tagen entscheidet das Spezialverwaltungsgericht endgültig. *

2 Der Enteignete kann innert 6 Monaten seit der Verzichterklärung Ersatz des ihm durch das Enteignungsverfahren entstandenen Schadens geltend machen. Ferner kann er das im Grundbuch angemerkte Veränderungsverbot löschen lassen.

§ 137

Rückübertragung

1 Der Enteignete kann die Rückübertragung seines Rechts verlangen, wenn feststeht, dass es nicht zweckentsprechend verwendet wird. Er hat die erhaltene Entschädigung dem Enteigner zurückzuerstatten.

2 Der Enteignete kann die Rückübertragung seines Rechts innert 25 Jahren seit dessen Erwerb durch den Enteigner verlangen. Die Rückübertragung ist beim Spezialverwaltungsgericht innerhalb eines Jahres seit dem Zeitpunkt geltend zu machen, in dem der Enteignete erkennen konnte, dass ein Anspruch auf Rückübertragung besteht. *