Baugesetzgebung des Kantons Aargau

2.3.5.
Ausgleich von Planungsvorteilen (§§ 28a - 28h)

§ 28a *

Mehrwertabgabe

1 Die Grundeigentümerinnen und -eigentümer, deren Grundstücke in eine Bauzone eingezont werden, leisten eine Abgabe von 20 % des Mehrwerts. Der Einzonung gleichgestellt ist die Umzonung innerhalb Bauzonen, wenn das Grundstück vor der Umzonung in einer Zone liegt, in der das Bauen verboten oder nur für öffentliche Zwecke zugelassen ist.

2 Die Gemeinden können den Abgabesatz auf höchstens 30 % erhöhen und in verwaltungsrechtlichen Verträgen Leistungen vereinbaren, die den Ausgleich anderer Planungsvorteile bezwecken.

3 Mehrere Mit- und Gesamteigentümerinnen und -eigentümer haften solidarisch.

4 Keine Abgabe wird erhoben

a) gegenüber Kanton, Ortsbürger- und Einwohnergemeinden sowie Gemeindeverbänden, wenn die betroffene Fläche der Erfüllung einer öffentlichen Aufgabe dient,

b) für Flächen, die der Ausgleichsabgabe gemäss der Waldgesetzgebung unterstehen.

§ 28b *

Festsetzungsverfügung

1 Der Gemeinderat orientiert aufgrund von Schätzungen durch das kantonale Steueramt bei der öffentlichen Auflage des Nutzungsplanentwurfs über die voraussichtliche Höhe der Abgabe. Er erlässt eine Verfügung über die definitive Höhe, sobald der Nutzungsplan genehmigt und anwendbar ist. Massgeblich für die Festlegung der Höhe der Abgabe und die Bestimmung der abgabepflichtigen Personen ist der Zeitpunkt der Genehmigung.

2 Ist für die haushälterische Überbaubarkeit der Grundstücke eine Landumlegung oder Grenzbereinigung durchzuführen, lässt der Gemeinderat nach der Genehmigung die Mehrwertabgabepflicht im Grundbuch anmerken. Massgeblicher Zeitpunkt für Schätzung und Bestimmung der abgabepflichtigen Personen ist in diesem Fall die Rechtskraft des Landumlegungs- oder Grenzbereinigungsplans.

3 Gegen die Festsetzungsverfügung kann Einsprache erhoben werden. Einspracheentscheide können mit Beschwerde beim Spezialverwaltungsgericht angefochten werden.

4 Der Regierungsrat wird zum Verfahren beigeladen.

§ 28c *

Grundpfandrecht

1 Für die Mehrwertabgabe steht der Gemeinde im Zeitpunkt der Genehmigung des Nutzungsplans ohne Eintragung im Grundbuch ein gesetzliches Pfandrecht zu, das allen eingetragenen Belastungen vorgeht (Art. 836 Abs. 2 des Schweizerischen Zivilgesetzbuchs [ZGB] vom 10. Dezember 1907i).

2 Der Gemeinderat meldet das Grundpfandrecht dem Grundbuchamt zur Eintragung an, sobald die Festsetzungsverfügung rechtskräftig geworden ist, und orientiert darüber den Kanton.

3 Er beantragt bei der Abteilungspräsidentin oder beim Abteilungspräsidenten des Spezialverwaltungsgerichts die vorläufige Eintragung des Grundpfandrechts (Art. 961 ZGB), wenn Gründe bestehen, dass die Fristen gemäss Art. 836 Abs. 2 ZGB nicht eingehalten werden können.

4 Die Kosten für Eintragung und Löschung gehen zu Lasten des Mehrwertanteils der Gemeinde.

§ 28d *

Bezug

1 Der Gemeinderat bezieht die Mehrwertabgabe bei Veräusserung des Grundstücks oder wenn eine Baubewilligung erteilt worden ist; bei bedingter Einzonung darf keine Abgabe erhoben werden, solange die Einzonung nicht definitiv ist.

2 Er kann den Bezug ganz oder teilweise aufschieben, wenn die zusätzlichen Nutzungsmöglichkeiten nur unwesentlich beansprucht werden.

3 Eine spätere Änderung des Nutzungsplans begründet keinen Anspruch auf Rückerstattung der geleisteten Zahlung.

§ 28e *

Anteil des Kantons

1 Dem Kanton steht für Einzonungen und ihnen gleichgestellte Umzonungen die Hälfte des kantonalen Mindestsatzes zu.

2 Der Gemeinderat überweist diesen Anteil unmittelbar nach dessen Bezug.

§ 28f *

Zweckbindung

1 Der Kanton weist die Erträge aus der Mehrwertabgabe einer Spezialfinanzierung zu.

2 Zu Lasten der kantonalen Spezialfinanzierung gehen Entschädigungszahlungen der Gemeinden für materielle Enteignung bei Auszonungen, die der Richtplan in der Fassung vom 24. März 2015 vorsieht.

3 Im Übrigen verwenden der Kanton und die Gemeinden die Erträge entsprechend der Zweckbindung gemäss Bundesrecht.

4 Der Regierungsrat entscheidet über die Verwendung der Erträge des Kantons und der Gemeinderat über die Verwendung der Erträge der Gemeinde abschliessend.

§ 28g *

Spezialfinanzierung des Kantons

1 Die Verwaltungskosten des Kantons in Zusammenhang mit der Mehrwertabgabe werden der Spezialfinanzierung belastet.

2 Im Rahmen von Absatz 1 und von § 28f Abs. 2 ist eine Verschuldung der Spezialfinanzierung zulässig.

3 Die Spezialfinanzierung wird gemäss den Bestimmungen des Finanzrechts verzinst.

§ 28h *

Kompetenzen des Regierungsrats

1 Der Regierungsrat regelt durch Verordnung:

a) welche Frist für die Beschaffung einer landwirtschaftlichen Ersatzbaute zur Selbstbewirtschaftung als angemessen gilt, deren Kosten gemäss Art. 5 Abs. 1quater des Bundesgesetzes über die Raumplanung (Raumplanungsgesetz, RPG) vom 22. Juni 1979 i vom Planungsvorteil abgezogen werden dürfen,

b) für welchen Mehrwert wegen des ungünstigen Verhältnisses zum Erhebungsaufwand keine Mehrwertabgabe geschuldet ist (Art. 5 Abs. 1quinquies RPG),

c) die Einzelheiten über die Verwendung der Erträge der Mehrwertabgabe,

d) die Voraussetzungen für einen Aufschub des Bezugs der Abgabe.